Thomas Molke, Online Musik Magazin - 16/02/2024
Carlotta Colombo gestaltet die Partie mit einem lieblichen, weichen Sopran, der das Opfer um so tragischer macht. Zunächst begeistert sie mit warmer Stimmführung und großer Beweglichkeit, wenn sie sich über die siegreiche Rückkehr ihres Vaters freut. Umso schockierender ist dann der Moment, wenn Jephte seiner Tochter erklären muss, für welchen Preis er diesen Sieg errungen hat. Doch die Tochter trägt ihr Schicksal mit Fassung. Der Schlussteil gehört dann der gemeinsamen Klage der Tochter und ihrer Gefährtinnen, die sich in die Berge zurückgezogen haben. Hier legt Colombo die Partie recht zerbrechlich an. Wenn dann die Chordamen in einer schmerzvollen Dissonanz ihrer Trauer am Ende freien Lauf lassen, dreht sich Colombo mit dem Rücken zum Publikum, was wohl andeuten mag, dass das grausame Opfer nun vollzogen ist. Das Publikum zeigt sich sehr ergriffen und benötigt einen kleinen Moment, bevor es das Ensemble mit großem Beifall überschüttet.